Musik die berührt
Es ist naheliegend, Musik auch als eine Repräsentation von Affekten und Emotionen zu beschreiben, gerade weil man die Sinngehalte nicht aus der Musik herauslesen kann, in ihr aber zweifelsohne etwas mitgeteilt wird. Als Repräsentation, so die Logik weiter, kann sie beim Zuhörer wiederum das evozieren, was ihr als Affekt zugrunde lag. So ensteht zornige, wehmütige, freudige Musik, die wiederum von ihren Zuhörern verstanden wird, weil diese Hörer mit der Grundstimmung der Musik schon vorgängig vertraut sind, könnte man weiter argumentieren. Die Fraglichkeiten eines solchen "expressiven Modells" fangen schon (oder bekanntlich) bei der Frage der Re-Päsentation an, also damit, ob nicht jedwede Repräsentation das Repräsentierte nicht unweigerlich mitformt, da das 'Ausgangsmaterial' bzw. der Ursprung in seiner Reinheit oder Unberührtheit gar nicht existieren kann, sondern durch die 'Vermittlung' erst mit-entsteht (zumindest als geteiltes Phänomen). Folgen wir einer anderen Spur. Könnte man nicht fragen, ob nicht in gewisser Weise umgekehrt das 'Subjekt' "zuallererst die rhythmische Einfaltung/Entfaltung eines Umschlags zwischen 'drinnen' und 'draußen' wäre", wie Jean Luc Nancy in dem kleinen Buch "Zum Gehör" vorschlägt und zwar "vor jeder Möglichkeit einer (...) präsentierbaren Figur", wie er weiter hervorhebt. Nun ist der Rhythmus nur ein Teil der Musik und wird, so Nancy weiter, durch die Klangfarbe begleitet. Beide wiederum umreißen nach Nancy "die matrizielle Konstitution der Resonanz". Im weitesten Sinne wäre die 'Musik' (Rhythmus und Klangfarbe/Timbre) die Bedingung dafür, dass etwas in uns wiederhallen kann. Wir finden in der Musik etwas, das wir niemals hatten oder besaßen, weil es (Rhyhtmus / Timbre) uns mitkonstituierte und immer wieder neu erschafft, unterhalb der Bedeutung und oberhalb der Bedeutungslosigkeit. Für unser Sein ist das Stottern und Lallen, das Singen und Klopfen, viel grundlegender als der sinnvolle Satz. Und vielleicht ist Musik deshalb so eng mit den Affekten verknüpft, weil in ihr das Spiel der Entbindung und Einbindung (von Innen und Außen / von Energien und Bahnungen) ein Spiel ist, das nicht unter der Last einer zu repräsentierenden Wirklichkeit ächzt.