Zögern
Ein Unbehagen an den dekonstruktiven Lektüren entsteht zuweilen durch das Missverständnis, dass man die aufgezeigten Öffnungen unter einer Dynamisierungsprämisse stellt. Dinge sollen bewegt und geändert werden. Dabei bahnen sich die Unterbrechungen, und das zeigt nicht zuletzt der Aufschub, das Zaudern, das Zögern, gemeinhin Zeichen der Unsicherheit und Unentschlossenheit, bahnen sich also die Unterbrechungen von Zwangsläufigkeiten nicht durch einen entschlossenen Dezisionismus den Weg. Das Inne-Halten, das nicht im voraus seine eigene Schließung in die Zukunft entwirft, was wiederum die eigentliche Bewegungswut als Implementierungswahrheit heraufbeschwört, wird gemeinhin als ein vor-politisches Moment, als ein Zeichen der politischen Schwäche gesehen. Vielleicht müsste man sagen, dass im politischen Raum der Streit, weit davon entfernt nur den Dissens zu verkörpern, diese 'Aufgabe' übernimmt. Der Streit ist auch das Zögern im Angesicht scheinbarer Zwangsläufigkeiten.
30. November 2017